Ein Komma vor oder zu setzen ist richtig, oder? Diese Frage stellen sich viele, wenn sie einen Text schreiben und die Konjunktion verwenden möchten.
Deshalb gehe ich dieser Sprachfrage im Folgenden auf den Grund und erkläre, wann vor „oder“ ein Komma stehen muss und wann nicht.
Wann steht vor oder kein Komma?
Bei „oder“ handelt es sich um eine Konjunktion, die als sogenanntes Bindewort Sätze oder Satzelemente miteinander verbindet. Ob ein Komma vor „oder“ gesetzt wird, ist dabei von der Art der Verbindung abhängig.
Vor „oder“ steht kein Komma, wenn es sich um eine Verbindung gleichartiger Satzelemente handelt!
Gleichartige Satzelemente sind Aufzählungen, verbundene Nebensätze und Infinitivgruppen sowie Teilsätze ohne Subjekt. Werden diese Elemente mit der Konjunktion „oder“ verbunden, weisen sie einen Bedeutungszusammenhang auf und Du musst kein Komma setzen.
Beispiele für die Kommasetzung bei oder (in Aufzählungen)
- Zum Frühstück esse ich Brot oder Müsli.
- Heute Mittag möchte ich spazieren gehen, Badminton spielen oder Tischtennis spielen.
Beispiele für die Kommasetzung bei verbundenen Nebensätzen
- Es ist mir egal, ob wir heute oder morgen einen Apfelkuchen backen.
- Ich bin am produktivsten, wenn es Morgen oder Abend ist.
Kommata bei verbundenen Infinitivgruppen
- Bis unser Flug geht, haben wir genug Zeit, um ein Buch zu lesen oder um über den Flughafen zu laufen.
- Der Sommer ist perfekt, um in der Sonne zu liegen oder am Strand ein Buch zu lesen.
Kommasetzung bei Teilsätzen ohne Subjekt
- Ihr Hamster sucht Futter oder rennt im Laufrad.
- Stauden kannst du im Herbst zurückschneiden oder über Winter stehen lassen.
Wann ist ein Komma vor oder notwendig?
Neben den eben genannten Beispielen gibt es vier Fälle, in denen Du vor „oder“ ein Komma setzen musst.
In diesen Fällen wird der Satz um eine Information ergänzt, die entweder vor der Konjunktion eingeschoben oder am Satzende platziert wird.
Die Kommasetzung hängt in diesen Fällen nicht vom Bindewort „oder“ ab, sondern ergibt sich aufgrund der Information, die in den bestehenden Satz eingebracht wird.
Bei eingeschobenen Nebensätzen, Infinitivgruppen und Appositionen steht jeweils vor und nach der eingeschobenen Information ein Komma. Steht am Satzende eine Nachfrage, wird hingegen nur ein Komma direkt vor „oder“ platziert.
Komma vor oder bei eingeschobenen Nebensätzen
- Wir werden pünktlich ankommen, wenn wir nicht in einen Stau geraten, oder einige Minuten zu spät sein.
- Willst du für die Blumen eine grüne Vase, weil sie perfekt zur restlichen Einrichtung passt, oder lieber eine rote verwenden?
Kommasetzung vor oder bei eingeschobenen Infinitivgruppen
- Sein Freund sucht zurzeit nach einem FSJ, um die Zeit zwischen Abi und Studium zu überbrücken, oder nach einem Nebenjob.
- Ich sähe Spinat im Frühjahr, um ihn im Sommer zu ernten, oder im Herbst, um ihn im Winter zu ernten.
Komma bei Appositionen mit oder richtig setzen
- Ich nehme Minze und Pistazie, meine Lieblingseissorten, oder esse ein Fruchtsorbet.
- Anna, die Freundin von Mark, oder ich bringen die Getränke für deine Geburtstagsparty mit.
Kommata bei Nachfragen am Satzende
- Den Feldsalat hast du schon aus dem Garten geerntet, oder?
- Himbeeren sind eigentlich keine Beeren, sondern Sammelsteinfrüchte, oder?
Wann ist ein Komma vor oder optional?
Während Du in einigen Fällen entweder kein Komma oder unbedingt ein Komma vor „oder“ setzen musst, kannst Du es Dir unter einer gewissen Voraussetzung aussuchen:
Verbindet die Konjunktion zwei Hauptsätze miteinander, so liegt es in Deinem Ermessen, ob Du die beiden Sätze durch ein optionales Komma voneinander abgrenzt:
- Heute gehe ich entweder im Feld spazieren (,) oder ich gehe durch den Wald.
- An meinem Geburtstag bestellen wir etwas zu essen (,) oder wir gehen in mein Lieblingsrestaurant.
Weiterführender Tipp: In einem weiteren Beitrag, der sich mit der Kommasetzung bei sodass beschäftigt, erkläre ich eine ganz ähnliche Sprachfrage.