Bei meiner Arbeit als Texter werde ich regelmäßig mit der Frage konfrontiert, wie man richtig gendert. Der Begriff des Genderns taucht in den letzten Jahren immer häufiger auf und sorgt nicht selten für Verwirrung. Warum es heute ein so wichtiges Thema ist und wie man die Sache richtig angeht, habe ich auf dieser Seite zusammengefasst.
Das generische Maskulinum und seine gesellschaftliche Bedeutung
Unser allgemeiner Umgang mit Sprache wird zu großen Teilen vom sogenannten generischen Maskulinum bestimmt.
Das klingt erstmal sehr wissenschaftlich, bedeutet aber lediglich, dass in unserer alltäglichen Sprache hauptsächlich Bezeichnungen und Wörter verwendet werden, die einen Mann implizieren – auch wenn man eigentlich von einer Frau oder einer Gruppe aus Männern und Frauen spricht.
Das Phänomen macht sich insbesondere bei Berufsbezeichnungen bemerkbar: spricht man zum Beispiel von Geschäftsführern, stellt man sich in der Regel eine Reihe von Männern in Anzügen vor. Dieser Gedanke ist erscheint zumindest aufgrund der Geschlechtsbestimmung des Wortes „Geschäftsführer“ nicht weit hergeholt.
Selbiges gilt für die Assoziation, die durch die Bezeichnung einer Gruppe von „Lehrern“ in unseren Köpfen entsteht. Auch hier wird eine Ansammlung von Männern suggeriert.
Das generische Maskulinum erzeugt oft ein verfälschtes Bild der Wirklichkeit, da seine Bezeichnungen nur selten den Tatsachen gerecht werden.
Im Zuge der Gleichberechtigung fordern viele Frauen und Männer deshalb eine passendere Bezeichnungskultur im deutschen Sprachgebrauch. Gendern erscheint folglich mehr als eine bloße „Modeerscheinung“ unserer Neuzeit zu sein!
Doch wie gendert man richtig? Und welche Möglichkeiten gibt es überhaupt?
Möglichkeiten zum korrekten Gendern
Das Gendersternchen
Das Gendersternchen ist eine der bekanntesten Lösungen des Genderns. Vielleicht hast du davon bereits gehört. Als Lehrer*in oder Geschäftsführer*in werden sowohl männliche als auch weibliche Vertreter des Berufsfeldes angesprochen.
Außerdem umfasst diese Möglichkeit zu gendern auch das diverse Geschlecht, d.h. Menschen, die sich keiner binären Geschlechtsidentität zuordnen möchten.
Verwendung der Gendergap
Der gleiche Effekt wird durch die Gendergap erzielt. Anstatt eines Sternchens werden die Geschlechter hier mit einem Unterstrich (_) gekennzeichnet: Lehrer_In und Geschäftsführer_In. Auch hier symbolisiert der Unterstrich einen Platz für das diverse Geschlecht.
Doch Achtung: Diese Lösung bietet sich nicht bei allen Wörtern der deutschen Sprache an!
Schauen wir uns das am Beispiel der Bäuerin an: der männliche Bauer und die weibliche Bäuerin werden mit einem unterschiedlichen Wortstamm dargestellt. Will man den landwirtschaftlichen Berufszweig nun genderneutral beschreiben, fallen die oben beschriebenen Möglichkeiten aus.
In solchen Situationen verwendet man gerne den weiblichen Wortstamm in Verbindung mit dem Gendersternchen oder der Gendergap: Bäuer*Innen.
Hierdurch wird der weibliche Anteil des Berufszweiges hervorgehoben und eine eindeutig mehrgeschlechtliche Gruppe von Menschen angesprochen.
Schreibweisen mit Klammern und Bindestrichen
Des Weiteren halten Schreibweisen mit Klammern und Bindestrichen Einzug im Schriftgebrauch. Ein Beispiel hierfür wären: Lehrer/-Innen oder Lehrer(-Innen).
Die Verwendung dieser Gender-Lösung kann mitunter aber für eine starke Unleserlichkeit sorgen.
Richtig gendern im Arbeitsalltag
Wer von den bisherigen Unterscheidungen verwirrt ist, oder wem die die Verwendung von Sonderzeichen in seinem Text nicht passt, der kann ferner auf das getrennte Beschreiben der beiden Geschlechter zurückgreifen.
„Die Lehrerinnen und Lehrer“ wäre eine gute Möglichkeit der geschlechtsneutralen Formulierung.
Wer im Berufsleben die gesamte Belegschaft ansprechen möchte, zum Beispiel in einer Email, der fährt mit der expliziten Doppelnennung eine gute Schiene:
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
…
Durch das Voransetzen der weiblichen Bezeichnung betont man den Versuch des genderneutralen Sprachgebrauchs. Dies macht meist einen guten Eindruck, da man hier eindeutig probiert, das im Sprachgebrauch vernachlässigte Geschlecht an erste Stelle zu bringen.
Allerdings sind bei dieser Formulierung (im Gegensatz zum Gendersternchen und zur Gendergap) keine anderen Geschlechtsidentitäten mit inbegriffen. Hier entscheiden die Situation und das Wissen um die Angesprochenen, welche Variante wohl die angebrachtere ist.
Tipp: Auch beim Verfassen von Geschäftsbriefen, ist es wichtig, auf eine gendergerechte Schreibweise zu achten. Das ist seriös, respektvoll und gehört dazu! Weitere Hinweise dazu findest du in unseren Formulierungshilfen für Geschäftsbriefe.
Gendern mit dem Binnen-I
Eine weitere Möglichkeit auf Arbeit und im privaten Leben richtig zu gendern ist das sogenannte Binnen-I:
Sehr geehrte KollegInnen,
…
Mit nur einem Wort verweist du hier sowohl auf Männer als auch auf Frauen. Die Schreibung gleicht bei den meisten Wörtern der femininen Schreibweise. Doch durch das großgeschriebene „I“ machst du ganz klar, dass hier beide Geschlechter angesprochen werden.
Zudem wird hier das „Bild“ des Wortes nicht auseinandergerissen. Ein Vorteil, wenn es um seriöse Texte oder Geschäftsbriefe geht, in denen Sonderzeichen der Lesbarkeit und dem Lesefluss schaden könnten.
Du kannst auch in deinem alltäglichen Sprachgebrauch auf das Binnen-I zurückgreifen! Möchtest du bewusst eine Gruppe Lehrkräfte beschreiben, in denen Männer und Frauen mit inbegriffen sind, verwendest du einfach LehrerInnen – mit einem Glottisschlag.
Hinweis: Du fragst dich, was ein Glottisschlag ist? Du benutzt ihn wahrscheinlich mehrmals täglich. Der Begriff aus der Phonetik beschreibt das klare Abtrennen zweier Silben mit einem Knacklaut. Im Hochdeutschen trennt man die Wörter „Mein Auto“ oder auch das „Spiegelei“ mit einem Glottisschlag. Im Englischen gibt es diesen Vokalanlaut übrigens nicht.
So kannst du „LehrerInnen“ als „Lehrer-Innen“ aussprechen, um mit dieser geschlechtsneutralen Beschreibung die gesamte Lehrerschaft einzuschließen.
Gendergerechte Schreibweise in wissenschaftlichen Arbeiten
Viele Hochschulen und Universitäten setzen für das Verfassen von wissenschaftlichen Arbeiten einen genderneutralen Sprachgebrauch voraus. Unis wie zum Beispiel die FU Berlin haben ihre eigenen Richtlinien und Skripte, die dir vorgeben, wie du in deiner Bachelor-, Master-, oder Hausarbeit richtig gendern solltest.
Tipp: Frage am besten die Person, die deine Arbeit betreut, ob deine Uni oder Hochschule solch einen Leitfaden zum geschlechterneutralen Sprachgebrauch in wissenschaftlichen Arbeiten hat.
Verwendung von geschlechtsneutralen Formulierungen
Unabhängig davon solltest du in deiner Arbeit immer darauf achten, so neutral wie möglich zu formulieren. Dementsprechend bietet sich vor allem die geschlechtsneutrale Formulierung an; eine elegante Lösung, die mit nur einem Wort und ohne Sonderzeichen auskommt.
Damit gemeint sind Ersatzformen, die ein explizites Gender-Label vermeiden. So verwendet man zum Beispiel die Bezeichnung „Studierende“ statt „Studenten und Studentinnen“.
Gerade beim Schreiben wissenschaftlicher Arbeiten ist es wichtig, einen guten Lesefluss zu bewahren. Geschlechtsneutrale Wörter wie „Studierende“, „Beschäftigte“, „Lehrkräfte“ oder „Geschäftsleitung“ erlauben es dir, Berufsfelder und andere Gruppen zu benennen, ohne näher auf die Geschlechtsidentität eingehen zu müssen.
Oft wird am Ende einer Hausarbeit auch ein Gender-Disclaimer eingesetzt, der darauf hinweist, dass im Text beschriebene männliche Formen auch die weiblichen beinhalten sollen.
Merke: Ein Gender-Disclaimer allein ist heutzutage für viele Universitäten und Hochschulen nicht ausreichend und kann sogar zu Punktabzug führen. Achte also immer darauf, so geschlechtsneutral wie möglich zu schreiben!
Ersatzformen, die kein Geschlecht implizieren, sind eine unauffällige und neutrale Möglichkeit, richtig zu gendern. Doch natürlich kannst du – solange es deine Uni erlaubt – auch die anderen hier beschriebenen Alternativen in deiner Arbeit verwenden.
Wichtig ist nur, dass du dich für eine möglichst einheitliche Lösung entscheidest und diese dann im gesamten Text verwendest.
Fazit: Richtig gendern kennt viele Möglichkeiten
Richtig gendern kann eine Herausforderung sein. Das mag insbesondere daran liegen, dass es die „eine“ richtige Art zu gendern schlichtweg nicht gibt. Jede Option hat ihre Vor- und Nachteile. Letztlich obliegt dir die Entscheidung, welchen Weg du einschlägst.
Geschlechtsneutrale Formulierungen setzen ein Zeichen. Wer gendert, setzt sich proaktiv für die Gleichberechtigung ein und zeigt sich sensibel gegenüber den verschiedenen Geschlechtsidentitäten.
Dennoch wird das Gendern öffentlich viel und gern diskutiert, bisweilen gar als Unsinn oder Zeitverschwendung bezeichnet. Kritiker der sprachlichen Gleichberechtigung sprechen in diesem Zusammenhang von einer zunehmenden „Genderisierung der deutschen Sprache“.
Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass es im Firmenalltag oder an der Uni heutzutage ein Muss geworden ist, korrekt zu gendern. Willst du moderne Texte verfassen, kommst du um genderneutrales Schreiben und Sprechen nicht mehr herum.
Ich hoffe, ich konnte dir mit diesem Leitfaden einen guten Überblick über das Thema verschaffen. Solltest du Ergänzungen haben, freue ich mich über deine Nachricht.